Flexmarkt Kolumne Oktober 2022

‚Borstlap liegt falsch‘

In seiner Jahresansprache sagte König Willem Alexander: „Arbeitsmigranten verdienen eine angemessene Behandlung.“ Auf dem ABU-Kongress eine Woche später sagte Hans Borstlap: „Arbeitsmigration ist keineswegs eine Lösung für den Personalmangel auf dem Arbeitsmarkt.“ Welche dieser beiden Aussagen ist denn nun richtig? Frank van Gool (OTTO Work Force) sieht sich veranlasst, in seiner Kolumne für Flexmarkt die Argumente von Borstlap zu widerlegen.

„Dem erstgenannten Redner stimme ich voll und ganz zu; ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Dem zweitgenannten Redner widerspreche ich aus tiefstem Herzen; er liegt völlig falsch. In diesem Herbst werden die ersten philippinischen Pflegekräfte in unser Land kommen - aus unserer Sicht ein logischer nächster Schritt im Bereich der Arbeitsmigration. Die Überalterung der Bevölkerung macht sich in ganz Europa bemerkbar, die Beschäftigungspotenziale sind schnell ausgeschöpft, und für manche Stellen müssen wir Arbeitskräfte außerhalb Europas anwerben. Das alles kommt mir sehr bekannt vor, denn wie schon vor 20 Jahren muss ich auch jetzt wieder an allen möglichen Konferenztischen und in den Medien erklären, dass Arbeitsmigration absolut unverzichtbar ist. Damals ging es um ausländische Arbeitskräfte aus Mittel- und Osteuropa, heute um Arbeitskräfte aus Asien. Ich bleibe in dieser Hinsicht eine Art Missionar, obwohl ich feststelle, dass die europäische Arbeitsmigration mittlerweile ein weitgehend akzeptiertes Phänomen ist. Die Tatsache, dass es sie gibt, bietet keinen Diskussionsstoff mehr; die Art, wie diese Arbeitsmigranten behandelt werden, jedoch leider noch immer. Aus diesem Grund habe ich mich über die Worte unseres Königs sehr gefreut. Arbeitsmigranten verdienen eine angemessene Behandlung.

Hans Borstlap, ehemaliger Spitzenbeamter und Vorsitzender der Kommission für Arbeitsregulierung, zieht andere Saiten auf. Auf dem jüngsten ABU-Kongress bezeichnete er die Arbeitsmigration als „ein Verdienstmodell der 70er Jahre, das sich für die Etablierung von Niedriglöhnen eignete“. Ihm wäre lieber, das Phänomen der Arbeitsmigration würde ganz verschwinden, schon gar nicht aber sollte die Zahl der Arbeitsmigranten weiter steigen. „Man denke nur an den dafür benötigten Wohnraum, der schon jetzt knapp ist.“

Ich begreife wirklich nicht, warum es immer noch Leute gibt, die behaupten, die Niederlande könnten ohne Arbeitsmigration auskommen. Derzeit ist fast jeder fünfte Niederländer 65 Jahre oder älter (19,5 %), und auf jeden über 65-Jährigen kommen gut drei Erwerbstätige. Im Jahr 2060 aber werden auf jeden über 65-Jährigen nur noch 2,2 Erwerbstätige kommen. Wir brauchen nicht weniger ausländische Arbeitskräfte, sondern sogar mehr. Um genau zu sein, brauchen wir jedes Jahr 50.000 zusätzliche Arbeitsmigranten, sonst kommt unsere Wirtschaft völlig zum Erliegen.
Und natürlich ist das Thema Wohnraum eine Herausforderung, aber wir scheinen nicht zu wissen, dass über 60 % aller ausländischen Arbeitskräfte nur vorübergehend (maximal 5 Jahre) hier arbeiten. Flexibler, vorübergehender Wohnraum ist die Lösung, und diese lässt sich schnell erreichen, wenn die Verantwortlichen in der Verwaltung schnelle Entscheidungen treffen.

Auch das „Niedriglohnargument“ ist ein Trugschluss. Ausländische Arbeitskräfte verdienen genauso viel wie ihre niederländischen Kollegen. Schließlich wird oft vergessen, welch großen Beitrag die Arbeitsmigranten zum Wohlstand unseres Landes leisten. Von den derzeit gut 3 % des Volkseinkommens wird der Nettobeitrag der Arbeitsmigranten bis 2030 auf über 4 % ansteigen. Wir sprechen dann von einem Beitrag zum BSP von 14 bis 20 Milliarden Euro.

Kurzum, die Niederlande sind zwingend auf Arbeitsmigration angewiesen. Und wer etwas anderes behauptet, ist auf dem Holzweg und bekommt es mit mir zu tun. Schließlich bin und bleibe ich ein Missionar.‘

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